Das Deutsche Apotheken-Museum
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Die Apotheken-Offizin

Die Ausstattung der "Werkstatt des Apothekers", der Offizin (von dem lateinischen Wort: officina - Werkstatt) sowie die dort anzutreffenden Geräte und Gefäße, aber auch die Veränderungen, Unterschiede und Neuerungen bis hin zur heutigen Apothekenoffizin werden an mehreren originalen Einrichtungen aus der Zeit des 18.-20. Jh. veranschaulicht.

Aus mittelalterlichen Verkaufsständen oder -buden, die oft am Marktplatz und in Kirchennähe lagen, entwickelten sich verstärkt ab dem Ende des 13. Jh. nach und nach die ersten öffentlichen Apotheken in festen Gebäuden.

Im Museumsraum Nr. 6 versetzen zwei nebeneinander präsentierte Apothekenoffizinen den Besucher in die Zeit des 18. Jh. und illustrieren anschaulich die Unterschiede zwischen einer Klosteroffizin, in der vor allem für die Klosterangehörigen Medikamente hergestellt wurden, und einer zentral in der Stadt für viele zugänglich gelegenen Apotheke.

Die Inszenierung mit barocken Mobiliar der Hof-Apotheke Bamberg (Abb. 2) verdeutlicht dabei einen wichtigen Unterschied zum heutigen Apothekenoffizin: Dieser Apothekenraum war häufig noch im 18. Jh. für den Kunden nicht zugänglich. Er gab das vom Arzt ausgestellte Rezept statt dessen durch ein "Verkaufsfenster" – auf Abb. 1 und Abb. 2 ist solch ein Fenster jeweils links zu sehen – dem Apotheker. Dieser bereitete in der Offizin die Arznei und gab sie dann über das Fenster an den Kunden weiter. Der in der Mitte zu sehende Tisch ist daher auch keine Verkaufstheke, sondern ein sogenannter Rezepturtisch, an dem Arzneien nach Rezept des Arztes hergestellt wurden. In schön gestalteten Standgefäßen (Abb. 3) und Schubladen - alle sorgfältig mit dem Namen des darin lagernden Inhaltsstoffes beschriftet - hielt der Apotheker seinen Handvorrat einzelner Rohstoffe (Simplicia) und fertig gemischte Rezepturen aus mehreren Arzneistoffen (Composita) bereit.

Auch wenn der Kunde nicht den Raum selbst betrat, so konnte er doch in die Offizin hineinsehen, während er auf das Arzneimittel wartete. Die Einrichtung speziell dieses Raumes war deshalb häufig sehr aufwendig und eindrucksvoll gestaltet. Schimmernde Standgefäße reihten sich in den Regalen aneinander und von der Decke hing oftmals ein exotischer Blickfang, z.B. Kugelfisch (Abb. 4) oder ein ausgestopftes Krokodil, als frühe Marketingstrategie zur Illustration der von weither gehandelten Rohstoffe, wie schon Abbildungen aus dem 16. Jh. belegen (Abb. 1).

Die Offizin aus dem Ursulinenkloster in Klagenfurt (Abb. 5) steht im Gegensatz dazu als Klosterapotheke beispielhaft für eine nicht öffentlich zugängliche Apotheke. Im bekrönenden goldgefassten Rankenwerk des Mittelteils steht die Jahreszahl 1730 für den Zeitpunkt ihrer Anfertigung.

Die Regale beider Offizinen zieren typische Apothekengefäße wie farbenprächtig verzierte kostbare Fayencen und Majoliken unterschiedlicher Regionen (Abb. 6). Zinnerne Wärmflaschen, in denen Aussparungen zum Warmhalten zierlicher gläserner Kinderfläschchen vorhanden sind, zeigen beispielhaft, dass zum Sortiment der Apotheke auch damals nicht nur Arzneimittel, sondern zudem ein breites Randsortiment gehörte. Auf dem Rezepturtisch jeder Offizin findet sich stets eine Waage sowie griffbereit liegende Geräte zur Anfertigung eines Rezeptes: Hornlöffel, Handwaagen, Spatel, Gewichtsätze, Reibschalen und viel nützliches Gerät mehr.

In Raum 4 ermöglicht die Art der Wegeführung quer durch einen Offizinraum den Besuchern, sich "mitten drin stehend" darin umsehen zu können. Das elegante Mobiliar der Kronen-Apotheke aus Ulm wurde um 1820 nach den Vorgaben des damaligen Apothekenbesitzers Christoph Jacob Faulhaber (1772-1842) gefertigt (Abb. 7). Die Einrichtung fasziniert durch ausgewogenen Proportionen und eine warmtonige Kirschholz-Oberfläche. Sie kommt vor den in leuchtenem Hellblau gehaltenen Wänden (Originalbefund) zu einer außerordentlich eindrucksvollen Wirkung. Hier finden sich keine offenen Regale, denn diese sind mit zahlreichen kleinen Türen  verblendet, die mit oval gefassten Bezeichnungen die Inhaltsstoffe der dahinter stehenden Arzneibehälter nennen. Die geschlossenen Schränke bieten Schutz vor Licht und mildern Temperaturschwankungen. Diese fortschrittliche Einrichtung fand jedoch nicht die Zustimmung der Gesundheitsbehörden, die Apotheken regelmäßig auf Einhaltung der Vorschriften hin prüfen. So musste sie Ende des 19. Jh. außer Dienst gestellt werden und kam nach einer beeindruckenden Reihe unterschiedlicher Stationen Anfang der 1960er Jahre in den Besitz des Deutschen Apotheken-Museums.