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Rekonstruktion der originalen Farben der Klagenfurter Klosteroffizin von 1733

Die Offizin des Ursulinenklosters Klagenfurt steht seit 1957 in den Räumen des Deutschen Apotheken-Museums und ist seitdem ein besonderer Blickfang für Museumsbesucher. Die heute sichtbare Fassung in dunklen Grüntönen und gedecktem Gold stammt jedoch aus dem späten 19. Jh. Bislang hatte man nur eine vage Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen des barocken Mobiliars. 2021 konnte die originale Farbgestaltung des Möbels im Jahr der Entstehung 1733 ermitteln werden. Das Ergebnis begeistert mit leuchtenden Farben! 

Ausgangssituation

Das 1674 errichtete Ursulinenkloster in Klagenfurt hatte von Anfang an eine von den Konventschwestern betriebene Apotheke. 1728 wurde das Kloster bei einem Brand zerstört, wobei schon kurz darauf mit dem Wiederaufbau begonnen wurde. So begannen 1730 die Tischlerarbeiten am Möbel der neuen Apotheke und 1733 konnte die Farbfassung aufgetragen werden.

In der Konventchronik von 1733 finden wir Hinweise auf die Bemalung: „Appotteggen faßen: diß Jahr ißt alda in den Kloster die durch / die feüers brunst in aschen gelegte, jetzt durch Tischler Arbeith wider aufs Neü aufgerichte Appoteggen, durch H: Johann Marzell / den Vergolder alhier, mit Farben gefaßt, die Fundäment Stöllen / Weiß und Roth gemärbelt, die Gesimbs aber in Grün und Goldt / verzieret worden …“.

Um diese vagen Angaben genauer zu beleuchten, legte die Heidelberger Restauratorin Nicola Wilke an ausgewählten Stellen kleine „Proben-Fenster“ in der jüngeren Farbschicht frei. Auch einige Fehlstellen in der jüngeren Fassung, wo der Pinsel nicht in jede Ecke gelangt war – etwa in den Regalen des Repositoriums –, halfen bei der Interpretation. Die Ergebnisse lassen die einzelnen Elemente in vielen Details nachvollziehen.

Intensive, sich detailreich abwechselnde Rot- und Grüntöne sowie leuchtendes Gold und Lüster zierten also das Möbel – deutlich farbenfroher als die jüngere Übermalung!

Der Heilbronner Illustrator Jakob Appel hat die gewonnen Erkenntnisse virtuell anschaulich umgesetzt. Dies und weitere Hintergrundinfos können unsere Museumsbesucher künftig digital in einer Multimedia-Station entdecken und am Objekt direkt vergleichen.

Rekonstruktion der originalen Farbfassung aus dem Jahr 1733

Sockel und unterer Korpus, die die Schubladen an Repositorium und Rezepturtisch einfassten, trugen sich abwechselnde dunkle Rotbraun- und Grüntöne. Die Schubladenfronten selbst traten im dunklen Korpus mit hellem Grün, weiß-roten Schriftbändern und goldenem Rahmen hervor. Dieser Befund war durch eine alte Freilegung an der Rezepturtisch-Rückseite bereits länger bekannt und konnte nun bestätigt werden. Von der ehemaligen Rahmenvergoldung zeugt heute noch die erhaltene gelb-orange-farbene Poliment-Grundierung.

Die darüber rundum laufenden Ablageflächen waren wie der Schubladenkorpus Dunkelgrün. Allerdings sind hier auch Hinweise auf eine weitere, darüber liegende Farbschicht in dunklem Rot erfasst – evtl. begründet in der starken Abnutzung dieser zentralen Fläche.

Die oben anschließenden, offenen Regal-Elemente des Repositoriums waren auffällig in leuchtendem Kadmium-Rot gehalten und mit vergoldeten Frontleisten verziert. Auch hier ist die Vergoldung der Frontleisten durch das erhaltene Poliment nachvollziehbar.

Dasselbe Rot wie die Regalflächen und -wände wiesen auch die Füße des Möbels auf.

Vertikale Zierleisten und -flächen der oberen Teile trugen teils sich abwechselnde Farbflächen in Grün und Rot und die Blattornamente Blattgoldauflagen. Vergoldet waren auch die Bleigitter und Scharniere der Vitrinen-Türblätter. Die oben umlaufenden Profilabschlüsse zeigten sich Lindgrün. Abschließend stach die obere, filigrane Rankenbekrönung hervor mit einer grünen Lüsterfassung auf Blattsilber, unterlegt mit rotem Poliment, währen die Randleisten und Blattornamente wiederum vergoldet waren.

Ausstattung

Die Gefäßausstattung der Offizin bestand – je nach aufzubewahrender Arznei – aus unterschiedlichen Materialien: Es gab u.a. zylindrische Standgefäße, Flaschen und Kannen aus Glas, Fayence, Steinzeug, Holz und Zinn. Sie waren vermutlich wie das Möbel farbenprächtig und kunstvoll verziert. Von der originalen Ausstattung der barocken Offizin sind aber nur noch wenige kleine Gefäße und Geräte erhalten. Wie die Gefäße genau aussahen, die die Regale der Klosteroffizin zierten, lässt sich nur vermuten. Die Rekonstruktion zeigt daher eine idealtypische Bestückung an Gefäßen, deren Vorbilder für die Formen und Verzierungen zeitgenössischer Apothekengefäße aus dem süddeutschen Raum boten.

Die Offizin im 20. Jh.

Die Klosterapotheke wurde von den Ursulinen bis in die 1920er Jahre für den Eigenbedarf geführt. Bis in die 1940er Jahre wurde sie noch als Armenapotheke betrieben, im 2. Weltkrieg wurde sie jedoch beschlagnahmt.

In einer für den Konvent wirtschaftlich schweren Phase nach dem 2. Weltkrieg verkauften die Schwestern die Apothekeneinrichtung. Ein Antiquitätenhändler verkaufte sie 1957 als „Süddeutsche Apothekeneinrichtung“ an das Deutsche Apotheken-Museum, das sich damals am neuen Standort Heidelberg gerade im Aufbau befand. Kurz nach der Eröffnung des Museums erkannte ein Besucher aus Klagenfurt die Offizin, informierte das Museum darüber und trug damit zur Klärung ihrer tatsächlichen Herkunft aus dem Ursulinenkonvent in Klagenfurt bei.

Das Kloster heute

Kloster und Klosterkirche werden heute immer noch aktiv als Konvent genutzt. Gemäß der Tradition des Ursulinenordens als Ort der Ausbildung betreibt das Kloster auch heute noch gemeinsam mit der Diözese Gurk Schulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche. Der Raum im ersten Stock, in dem sich ehemals die Apotheke befand, dient heute als Sozial- und Medienraum.

Unser Dank geht an

Nora Pärr, Archiv der Ursulinen Kärnten (Wien), für hilfreiche Informationen und die Bereitstellung von Fotos

Die Realisierung dieser Rekonstruktion wurde ermöglicht durch das Förderprogramm „Neustart Kultur“.

Quellen, Literatur

- H. Hauser, Aus der Vergangenheit der drei Klagenfurter Klosterapotheken. Österr. Apotheker-Zeitung 1953, 384-388.

- E. Huwer, Das Deutsche Apotheken-Museum. Schätze aus zwei Jahrtausenden Kultur- und Pharmaziegeschichte (3. Auflage, 2015) 60-61.

- Ursulinenarchiv Klagenfurt, Konventchronik I, 1733, 581.