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Eine besondere Mohr-Westphalsche Waage

Aus einer Apotheke in Diez (Rhein-Lahn-Kreis) konnte eine interessante Mohr-Westphalsche Waage erworben werden, die einige Besonder-
heiten aufweist (Inv.-Nr. VI A 186). Vermutlich handelt es sich um ein Übergangsmodell von der Mohrschen zur Mohr-Westphalschen Waage vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Die Waagsäule aus poliertem Messing ist in einem Glasgehäuse mit Holzrahmen verschraubt. Die Säule weitet sich in der Mitte zu einem verdickten Zylinder aus, der den Arretierungsmechanismus trägt. Der linke Arm des abnehmbaren Balkens ist ein fest angebrachtes, quadratisches Gegengewicht, das sich weder verschieben noch arretieren lässt. Auch endet er nicht waagerecht in einer Spitze, die beim Gleichgewicht an die Marke eines fest eingebauten Bogens zeigt – wie es bei Mohr-Westphalschen Waagen üblich ist. Bei diesem Modell führt der bewegliche Zeiger rechtwinklig zu einer Skala oberhalb des Waagbalkens. Der rechte lange Arm tragt neun Kerben zum Einhängen der Reitergewichte, ein Haken dient zum Anhängen des Senkkörpers.

Das Gehäuse, dass das Gerät vor Staub und Feuchtigkeit schützt, hat im unteren Teil eine abschließbare Schublade, in der man verschiedene Elemente unterbringen konnte, unter anderem eine Holzhülse mit zwei Senkkörpern mit feinem Platindraht. Der Vorderschieber mit Halterungen an der Seite gewährleistet den einfachen Zugriff. Die Konstruktion des Balkens, der sowohl Zeiger mit Skala als auch ein festes Gegengewicht trägt, ist ungewöhnlich.

Zeiger und Skala finden wir bei der Mohrschen Waage mit zwei gleich langen Armen. Bei der Weiterentwicklung, der einarmigen Mohr-Westphalschen Waage, werden diese dank des verkürzten, mit arretierbarem Gegengewicht ausgestatteten Armes überflüssig. Ebenso sind Mohr-Westphalsche Waagen oft mit Unterkasten und Schublade ausgestattet. Doch gibt es bisher kein vergleichbares Stück, das vollständig in einem Gehäuse untergebracht ist.

Leider befinden sich weder an der Säule noch am Waagbalken Eichmarken oder andere Markierungen. Dies und die Besonderheiten der Konstruktion erschweren eine genaue Datierung. Vielleicht wurde diese spezielle Waage auf einen persönlichen Auftrag hin konstruiert.

Text: Petra Nemethova

Literatur:

Josef Moeller, Herrmann Thoms (Hrsg.), Real-Enzyklopädie der gesamten Pharmazie. Handwörterbuch für Apotheker, Ärzte und Medizinalbeamte. Bd. 12 (1909) S. 584.