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Inhaliergeräte eines Thüringer Glasbläsers

Die Glasproduktion hat in Thüringen eine jahrhundertelange Tradition. Mit der Entwicklung der Naturwissenschaften wurde Stützerbach (Kreis Ilm) neben Gehlberg und Ilmenau im 19. Jh. ein bedeutender Standort zur Produktion von Glas für Labor und Messgeräte. Der hohe Bedarf an Rohren und Kappilaren führte zur Gründung neuer, spezialisierter Glashütten. Dieses Glas wurde wiederum vielfach von selbstständigen oder angestellten Glasbläsern in der eigenen Werkstatt weiterverarbeitet.

Dies galt auch für den Stützerbacher Glasbläser Erich Kobe I (1902 bis 1973). Er arbeitete von den 1930er bis in die frühen 1970er Jahre in einer eigenen Werkstatt und spezialisierte sich vor allem in den späteren Jahren auf kleine zierliche Sortimente. Ausschließlich in seiner Werkstatt wurde der patentgeschützte „Kober’s Concentra-Inhalator“ zur Aerosoltherapie mit einstellbaren Vernebelungsstufen gefertigt. Entwickelt und patentiert wurde das Gerät von seinem Auftraggeber, der Emil Kober jr. K. G., in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz).

Die Herstellung dieser Geräte war ein komplexes Zusammenspiel mit dem Bezug vorgefertigter Elemente und der Verarbeitung von Rohmaterialien, die je aus den umliegenden Glashütten kamen.

Die aus Thüringer Apparateglas gefertigten Braunglaselemente wie Hüllkörper, Stopfen und Teile des Düsenstocks (u.a. das handgezogene Apparateglasrohr) bezog Kobe im Betriebsteil Gehlberg der Jenaer Glaswerke. Der Hüllkörper wurde dabei als sogenannter „Hüttenartikel“ am Ofen in eine Grauguss-Form eingeblasen und dann „vor der Lampe“ weiterbearbeitet. Die aus Klarglas gefertigten Düsenelemente erhielt Kobe ebenfalls von Gehlberg oder vielleicht auch aus dem Betriebsteil in Stützerbach. Alle ein- und angeschmolzenen Bauteile wurden von Kobe selbst angefertigt unter Verwendung von Gehlberger Glasrohr.

Besonderes Element des patentierten „Concentra“-Zerstäubers waren zwei gegeneinander gerichtete Düsenpaare, die einen Luftwirbel erzeugten, den Strahl zudem fächerförmig verbreiteten und somit eine nochmalige Verfeinerung der Zerstäubung bewirkten. Mit diesem handlichen Inhalator konnten wässrige, alkoholische oder ölige Lösungen in Tröpfchengrößen von 0,5 bis 30 µ für die Therapie verschiedener Bereiche des Respirationstraktes oder zur Raumvernebelung eingesetzt werden.

Kobe fertigte von diesem Zerstäuber jährlich bis zu 500 Stück. Nach Aufgabe seiner Werkstatt (ca. 1972) wurden diese Inhalatoren nicht mehr hergestellt.

Ein Exemplar dieser filigranen, handgefertigten Zerstäuber konnte nun zusammen mit technischen Entwurfszeichnungen aus dem Jahr 1958 in den Museumsbestand aufgenommen werden (Inv.-Nr. IV B 649, VII A 2280).

Text: Claudia Sachße

(für freundliche Informationen danken wir Horst Grimm, Geratal/Gräfenroda)

Literatur: Die Glasindustrie in Stützerbach. 1648 – 2008. 360 Jahre Glastradition. Schriften des Heimat- und Geschichtsvereins Stützerbach, Heftreihe No. 8 (2008).