Das Deutsche Apotheken-Museum
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Das Drei-Löffel-Emblem von Richard Rudolf Weber (1900-1994)

Ende der 1920er Jahre wurde erstmals der Versuch unternommen, ein einheitliches „Logo“ als Apothekenwahrzeichen zu schaffen. Es sollte - parallel zum traditionellen Figurenschmuck, der seit Jahrhunderten die Apotheken kennzeichnete - als einheitliches Zeichen jedermann einen Apothekenstandort auf den ersten Blick signalisieren.

Verschiedene Seiten stellten in der Folge Entwürfe vor, unter denen das Drei-Löffel-Symbol das am meisten umstrittene gewesen ist. Darüber ist bereits mehrfach geschrieben worden, jedoch kam es dabei zu einer Verwechslung von zwei Künstlern fast gleichen Namens, so dass das Thema hier erneut aufgegriffen wird.

Ende des Jahres 1929 rief die damals weit verbreitete Fachzeitschrift für Kundenwerbung in der Apotheke, „Verunda“, einen Wettbewerb für ein Apothekenwahrzeichen aus. Unter weit über 900 Einsendungen wählten 1930 prominente Juroren wie der Münchner Apotheker Max Lesmüller (1874-1952) oder der Hamburger Apotheker Paul Runge (1869-1953) den Entwurf von Richard Rudolf Weber (1900-1994) aus (hier klicken für ausführlichere Informationen zum Apothekenwahrzeichen...>>>).

Die bisherige Zuschreibung zum Schüler des Dessauer Bauhauses, Rudolf Weber (1899-1972) ist auf eine Verwechslung zurückzuführen, die durch die Weglassung des ersten Vornamens Richard verursacht wurde, der bereits bei der Nennung des Siegerentwurfes in der Verunda-Zeitschrift 1930 fehlte – und so die spätere Forschung zum „falschen“ Rudolf Weber führte, dessen Werke rege Rezeption fanden und der als Künstler daher breiten Eingang in die kunsthistorische Fachliteratur fand.

Im Gegensatz dazu sind dem Schöpfer des Drei-Löffel-Symbols Richard Rudolf Weber keinerlei Ausführungen in den Künsterlexika gewidmet. Er schloss 1920 seine dreijährige Ausbildung an der Kunstgewerbeschule der Kölner Werkstätten ab, auf die eine Ausbildung zum Zeichen- und Werklehrer folgte. Im Anschluss war er hauptberuflich als Lehrer tätig. Nach dem Krieg brachte er seine Familie zunächst als Restaurator durch, bis ein im Zuge der Entnazifizierung fälschlicherweise ausgesprochenes Berufsverbot aufgehoben war und er voll rehabilitiert wurde.

Richard Rudolf Webers überliefertes Werk ist Fragment: Aus dem Krieg zurückgekehrt musste er feststellen, dass ein Großteil seiner Bilder bei Bombardierungen verloren gegangen war. Heute existieren noch etwa zwei bis drei Dutzend Ölmalereien von ihm. Erst der Hinweis eines Enkels von  Weber (der 2008 erstmals mit einer Ausstellung in Webers Heimatort Goch auf dessen Werk aufmerksam gemacht hatte) an die Museumsleitung, führte im Jahr 2015 zur Zuweisung des Entwurfs für das Drei-Löffel-Symbol zu Richard Rudolf Weber.

Seine „Arzneiflasche mit drei Löffeln“ sollte das bekannte „Dreimal täglich“ der Arzneieinnahme plakativ umsetzen. Das 1930 zum Sieger gekürte Symbol kam schnell gut an (binnen fünf Jahren nutzten es rund 30% der Apotheken: an der Apotheke, aber auch als Logo beispielsweise auf Etiketten und Rezepthüllen). Der damals als sehr modern empfundene Stil war aber gleichzeitig nicht unumstritten. Kein Wunder, denn Weber´s von der "Neuen Sachlichkeit" geprägter Entwurf kollidierte mit dem althergebrachten Geschmacksempfinden. Der Kontrast der Farben sowie die gestalterisch gegeneinander gesetzten einfach Grundformen „Kreis“ und Dreieck“ werden noch heute als zeitlos modern empfunden. Es besteht auch große Ähnlichkeit mit einem prämierten (aber nicht verwendeten) Logo-Entwurf für die Weimarer Bauhausschule aus dem Jahr 1919, der heute im Bauhaus Museum Weimar aufbewahrt wird.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten waren die Tage des Drei-Löffel-Symbols gezählt. Im Jahr 1936 führte die Reichsapothekerkammer, der das Zeichen ein Dorn im Auge war,  ebenfalls einen Wettbewerb für ein einheitliches Apothekensymbol durch. Mit Einführung des daraus (mit Abwandlungen) hervorgehenden neuen Wahrzeichens - das rote A in Frakturschrift, kombiniert mit einem Runenzeichen, der "Lebensrune" - im Winter 1936/37, verschwand das Drei-Löffel-Symbol allmählich, wurde aber nie ganz obsolet.

Das Deutsche Apotheken-Museum ist im Besitz von zwei Exemplaren des Drei-Löffel-Symbols, die als Kennzeichnung von Apotheken genutzt wurden. Sie zeigen eindrücklich, dass die Ausgestaltung des Motivs durchaus Raum für individuelle Gestaltung ließ.

Das eine, ein Blechschild mit Emaildekor von 50 cm Durchmesser, zeigt die charakteristische Arzneiflasche plakativ und zweidimensional in grünem Dekor auf weißem Grund dargestellt. Auf welche Apotheke es einst hinwies, ist heute nicht mehr bekannt. Das andere ist dreidimensional gestaltet und ebenfalls aus Metall gefertigt, wurde aber mit Lack schwarz und weiß gefasst. Die Flasche mit den drei Löffeln – als separater, der Grundplatte aufgesetzter Teil gefertigt – kann von innen beleuchtet werden. Dieses Drei-Löffel-Emblem wurde dem Museum von Apotheker Herbert Lehmann, der 1933 nach Israel emigrierte, im Jahre 1989 als Geschenk übergeben. Er hatte es für seine nach der Emigration eröffnete Carmel-Apotheke ca. 1950 in Haifa (Israel) anfertigen lassen.

Bis vor kurzem galten sie als die beiden letzten Außenwerbeschilder dieser Art. Kürzlich aber tauchte ein drittes Exemplar auf: Bei der Recherche anlässlich des 200-jährigen Bestehens der Engel-Apotheke Eutingen fand das Apothekenteam im örtlichen Heimatmuseum ein schwarz-weiß-emailliertes Drei-Löffel-Symbol aus Metall, das ehemals die Apotheke in Eutingen zierte. Häufiger erhalten haben sich bis heute Druckwaren wie Papiertüten, Einwickelpapiere, Rezepthüllen und Briefbögen für die Apotheke, die mit dem Drei-Löffel-Symbol geziert sind.

Und auch später war das Zeichen noch populär, wie die im Jahr 1946 für die Apotheke in Witten-Herbede angefertigten Glasfenster zeigen, die in Bleiglastechnik verschiedene Motive aus dem Bereich der Pharmazie zeigen, darunter auch ein Drei-Löffel-Symbol.

Mehr zur Geschichte des Apothekenwahrzeichens... >>

Literatur:
Verkehrs- und Heimatverein der Stadt Goch (Hrsg.), Richard Rudolf Weber – Zeichnungen, Malereien. Ausstellungskatalog Goch 2008. Mit einer Einführung von Gerhard van der Grinten.
Elisabeth Huwer, Das Deutsche Apotheken-Museum, Regensburg, 2015 (3. Auflage), 156-158.
N.N., 200 Jahre Apotheke in Eutin. Deutsche Apotheker-Zeitung 150. Jahrgang, 2010, 4832.

Text: Elisabeth Huwer

Fotos:

Abb. 1: Claudia Schäfer Mannheim

Abb. 2: Lothar Baur Heidelberg

Abb. 3: Claudia Sachße, Dt. Apotheken-Museum