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Briefe in Zeiten der Cholera

Zwei Briefe aus dem 19. Jahrhundert aus der Sammlung von Klaus Meyer beleuchten die Geschichte der Post ebenso wie der Vorsorge in Seuchenzeiten. Adressat beider Briefe war „N.H. Schreider / Rheims / en Champagne“ in Frankreich. Der erste Brief wurde am 17. Januar 1832 von einem H. Schwarz-Koch aus Altona verschickt, der zweite am 10. März desselben Jahres von J. G. Süsskind aus Augsburg (Inv.-Nr. VII A 1379a-b).

Die Briefe wurden versandt in der Zeit der Cholera-Epidemie, die Europa 1830 bis 1832 heimsuchte. Sie tragen Stempel, handschriftliche Vermerke und Spuren ihrer Behandlung an den Grenzübergängen in Straßburg (Elsaß) und Forbach (Lothringen).

Strenge Kontrollen und Desinfektion aller ankommenden Briefe und Güter an den Landesgrenzen waren gängige Maßnahmen, um unbefallene Gebiete vor Ansteckung aus „verdächtigen“ Regionen zu schützen. Jahrhunderte lang vermutete man, dass Briefen Krankheitsträger anhafteten. Die „Reinigung“ von Post geht wohl schon auf das 14. Jahrhundert und die große Pestepidemie zurück. In der Folgezeit war dies weit verbreitet und Teil von amtlichen Verordnungen in Seuchenzeiten, bis im frühen 19. Jahrhundert der geringe Nutzen dieser Maßnahmen erkannt wurde.

Das Reinigen von Briefen mussten vor allem Postbedienstete und Postillone leisten. In „Rastelstationen“ wurden Briefe unter anderem mit Perforierzangen, sogenannten Rasteln, durchlöchert, um sie über speziellem Rauch zu reinigen. Die Briefe mussten teils geöffnet werden, um sie auch von innen zu behandeln, und waren anschließend ungelesen wieder zu verschließen und mit Prüfsiegel oder -stempel zu versehen.

Räucherpulver mit stark riechenden Stoffen und Chemikalien wie Wacholder, Lorbeer, Essig, Salpeter oder Schwefel wurden in Apotheken angefertigt. Ebenso wurden Briefe mit Essig bespritzt. Kam ein Brief dabei zu Schaden, gab es Verfahren, die Tinte wieder sichtbar zu machen.

Lochungen im Papier des älteren Briefes zeigen, dass er mit einer Rastel behandelt wurde. Eine solche ist auch im Deutschen Apotheken-Museum vorhanden (Abbildung 2). Unsere beiden Briefe zählen zu den späten Zeugen dieser Sicherungsmaßnahmen, als die Cholera Anfang 1832 bereits am Abklingen war. Der Inhalt beider Schreiben ist geschäftlich, unter anderem mit Finanzinformationen und Bestellungen. So ordert Süsskind am Ende seines Briefes vom Feinsten, auch in Notzeiten wie diesen: „35 bouteillen weißen / 15 „ rothen / zul. 50 bouteillen besten Champagner mousseure / 1 Qualité“. /

Literatur:

Dressendörfer, W. (Hrsg.), Apotheker-Kalender 2011, Blatt 6.
Meyer, K., Desinfizierte Post – von ihren Anfängen bis heute. Postgeschichte und Altbriefkunde 89, 1987.

Text: Elisabeth Huwer und Claudia Sachße, Deutsches Apotheken-Museum